An seiner Sitzung vom 13. September wurde der Bundesrat erneut von der Bundeskanzlei über die unlauteren Praktiken bei Unterschriftensammlungen für Volksbegehren informiert. Er hat zur Kenntnis genommen, dass es bis heute keine belastbaren Indizien gibt, dass Initiativen unrechtmässig zustande gekommen wären. Gestützt darauf sowie auf rechtliche und staatspolitische Bedenken, unterstützt der Bundesrat die Haltung der Bundeskanzlei, davon abzusehen, die Behandlung von hängigen Initiativen zu sistieren oder die Unterschriften zustande gekommener Initiativen nachzukontrollieren. Beides wäre rechtlich problematisch und hätte politische Unsicherheit zur Folge.
Die seit zwei Wochen diskutierten Verdachtsfälle von mutmasslich gefälschten Unterschriften und unlauteren Praktiken bei Unterschriftensammlungen haben zu Spekulationen geführt, wonach Volksbegehren nur dank gefälschter Unterschriften zustande gekommen sein könnten. In der Folge wurde von verschiedener Seite eine Sistierung der Behandlung von Volksinitiativen verlangt sowie eine Nachkontrolle der Unterschriften für Volksbegehren, die zustande gekommen, aber noch nicht zur Abstimmung gelangt sind.
Der Bundesrat hat heute zur Kenntnis genommen, dass die Bundeskanzlei von solchen Massnahmen absieht. Es liegen bis heute keine belastbaren Indizien dafür vor, dass Volksbegehren nur dank gefälschter Unterschriften zustande gekommen wären. Den Behörden fehlen überdies die rechtlichen Grundlagen sowohl für die Sistierung der Behandlung von Volksinitiativen wie für die Nachkontrolle von Unterschriften. Die Bedingungen, um per Notrecht entsprechende Grundlagen zu schaffen, sind nicht erfüllt.
Nachkontrollen würden eine stichprobenartige Nachbefragung bei denjenigen Personen voraussetzen, deren Unterschrift für eine Volksinitiative von der Gemeinde bescheinigt und von der Bundeskanzlei als gültig gezählt wurde. Solche Nachkontrollen wären von beschränkter Aussagekraft (Auswahl, Rücklaufquote, Erinnerungslücken). Sie wären zudem staatspolitisch problematisch, weil sie den von gesetzlichen Fristen getakteten Behandlungsprozess der aktuell hängigen Volksinitiativen stark verzögern und in Frage stellen würden. Auch die Staatspolitische Kommission des Nationalrates (SPK-N) sprach sich am 6. September 2024 dahingehend aus, dass keine Unsicherheit geschaffen werden soll, indem die Unterschriften bereits zustande gekommener Initiativen erneut geprüft werden.
Der Bundesrat stützt die Haltung der Bundeskanzlei, die direktdemokratischen Instrumente und Prozesse nicht einzuschränken, sondern zu wahren. Die Unterschriftensammlung ist im Gesetz bewusst niederschwellig ausgestaltet. Um diesen pragmatischen Charakter wahren zu können, soll den aufgedeckten unlauteren Praktiken auf verschiedenen Ebenen schnell und entschieden entgegengetreten werden. Mit strafrechtlicher Verfolgung, Prävention, sowie Verbesserung der Abläufe. Der Bundesrat begrüsst die von der Bundeskanzlei ergriffenen und vorgesehenen Massnahmen.
Die Bundeskanzlei wird demnächst einen runden Tisch einberufen. Die an den Unterschriftensammlungen und -kontrollen beteiligten Akteure (Parteien, Verbände, Komitees, Sammelorganisationen, Behörden) sollen die derzeitigen Prozesse analysieren und mögliche Massnahmen zur Vermeidung von Missbrauch konkretisieren. Eines der Ziele ist die Entwicklung effizienter und pragmatischer Standards, zu deren Einhaltung die Akteure sich selber verpflichten. Auf diese Weise könnte schnell Transparenz geschaffen werden darüber, woher Unterschriften stammen und von wem und auf welche Weise sie gesammelt wurden. Für die Einführung obligatorischer Transparenzmassnahmen fehlt derzeit eine rechtliche Grundlage.
Im Weiteren soll auch die Zusammenarbeit mit der Wissenschaft gesucht werden, um die Möglichkeit technischer Lösungen zu prüfen, die Unterschriftensammlungen gegen Missbrauch und Betrug besser schützen könnten.
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